- Hassan Askari
- Mai 1, 2020
- Industry, Production, Supply Chain
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Wie effektiver Schutz vor Produktfälschungen die Kundenbindung stärken und Marktwachstum generieren kann
Produkt- und Markenpiraterie sind in der Stahlbranche, besonders im Exportgeschäft ein Problem – es bedarf effektiver Lösungen, um Kunden und Hersteller zu schützen. Insgesamt entsteht für deutsche Unternehmen branchenübergreifend ein wirtschaftlicher Schaden von bis zu 60 Milliarden Euro durch Produkt- und Markenpiraterie – Tendenz steigend (EUIPO 2019). In der Stahlbranche sind insbesondere hochqualitative Stahlprodukte aufgrund hoher Margen von Produktpiraterie betroffen – Experten schätzen den Schaden der Stahlhersteller in Milliardenhöhe. Hinsichtlich dieser Problematik sollen hier folgende Fragen beantwortet werden: Weshalb sollten Stahlhersteller Produktfälschungen unterbinden? Wie sind Produktfälschungen möglich und sind die aktuell angewandten Methoden der Bekämpfung ausreichend? Wie kann ein konkreter Ansatz zur Unterbindung von Produktfälschungen aussehen?
Produktfälschungen untergraben das Qualitätsversprechen der Stahlhersteller, schwächen somit das Kundenvertrauen (SAAC 2020a) und stellen für Hersteller entgangene Umsätze dar. Eine Nachverfolgbarkeit von Produkten entlang der Supply Chain fehlt aktuell, sodass Hersteller, wie Kunden nicht vor wirtschaftlichem Schaden geschützt sind und ggf. Umweltschäden auftreten können. Mit einer Unterbindung von Fälschungen, könnten Hersteller das Kundenvertrauen stärken und Marktwachstum generieren. Durch die Kaufentscheidung des Kunden für ein spezifisches Qualitätsprodukt, ist dies auch eine spezifische Entscheidung für ein Markenprodukt des ausgewählten Herstellers. Findet die Produktfälschung nun eine praktische Anwendung und verfehlt die Qualitäts- und Sicherheitsstandards (z. B. Festigkeit, Qualitätskontrollen, Korrosionsbeständigkeit) (BUTTING 2020), wird der Kunde künftig auf Ware der Konkurrenz zurückgreifen, ohne dass der Hersteller die Schuld trägt oder in den meisten Fällen auch nicht davon erfährt. Unter Umständen ist sogar eine Gefahr bei der Verarbeitung für Personen gegeben. Die Reputation des Herstellers kann durch einen Mangel erheblich beschädigt werden. Zudem entsteht dem Hersteller ein wirtschaftlicher Schaden in Form von Umsatzeinbußen. Es kann angenommen werden, dass der Käufer ursprünglich das echte Produkt kaufen wollte und bereit gewesen wäre den Preis des Herstellers zu zahlen. Es handelt sich folglich um einen potentiell realisierbaren Umsatz bzw. Marktwachstum für den Hersteller, könnte die Fälschung unterbunden werden. Ein weiterer negativer Effekt: gefälschte Produkte können einen schädlichen Einfluss auf die Umwelt haben. Die verwendeten Materialien wie z.B. Stahlrohre befördern in vielen Fällen umweltschädliche Substanzen, die bei Undichtigkeit einen erheblichen Umweltschaden verursachen können (SAAC 2020a).
Gründe für die Anfälligkeit von Stahlprodukten für Fälschungen liegen z.B. darin, dass es aktuell keine technische Lösung gibt, Produkte, die auf dem Weg zum Endverarbeiter bearbeitet und ggf. zerteilt werden, nachzuverfolgen. Diese Intransparenz über den Weg eines Produkts bis zum Ende der Supply Chain sowie einem fehlenden wirksamen Schutzmechanismus von Echtheits-Zertifikaten stellt somit ein Problem dar. Es bedarf eines effektiven Mechanismus, die Fälschungssicherheit für Produkte signifikant zu verbessern. Für eine durchgängige Transparenz fehlt aktuell ein Verfahren, Daten aus der Supply Chain zu sammeln und Produkte nachzuverfolgen. Hinsichtlich Schutzmechanismen gibt es Bestrebungen, Produkte physisch zu kennzeichnen bzw. zu prüfen oder die Echtheit mit Prüfbescheinigungen nachzuweisen.
Aktuell angewandte physische Ansätze, Produktfälschungen entgegenzuwirken, sind sehr aufwändig, wenig effektiv und hinsichtlich des Ressourceneinsatzes ineffizient. Drei der aktuell angewandten Verfahren umfassen chemische Analysen, anonyme Prüfungstermine vor Ort oder die Verwendung von Speziallack zur Identifikation der Produkte. Ein Beispiel dafür, dass diese Maßnahmen nicht durchgängig effektiv wirken, zeigt eine Beschlagnahmung von vier Container mit insgesamt 82 Tonnen gefälschten Stahlrohren in den Vereinigten Arabischen Emiraten 2018 (European Commission 2018). Die Rohre waren ursprünglich für den Einsatz für Gasaufbereitungsanlagen in Indien geplant (SAAC 2020b).
Ein weiterer Ansatz ist, Ware durch Echtheits-Zertifikate zu schützen. Durch papierbasierte Prüfbescheinigungen oder in Form von PDF-Dokumenten ist allerdings eine Manipulation möglich, wodurch gefälschte Ware als Markenware verkauft werden kann. Derzeit ist es üblich beim Verkauf originale Prüfbescheinigungen weiterzureichen. Da diese jedoch nicht bei jeder Transaktion angepasst werden, können die Bescheinigungen vervielfältigt und mehr Ware veräußert werden, als die ursprünglich ausgelieferte Menge. Als Lückenfüller dient oft minderwertiger Stahl aus Asien. PDF-Dokumente können mit entsprechender Bildbearbeitungssoftware manipuliert werden. Somit ist es dem Käufer nicht möglich nachzuverfolgen oder zu erkennen, ob die Ware wie angegeben aus Deutschland kommt, bzw. ob die Qualität mit den Anforderungen tatsächlich übereinstimmt, sofern nicht eine physische Überprüfung der Ware vorgenommen wird. Der Hersteller selbst hat kaum eine Chance von Manipulationen der Prüfbescheinigungen zu erfahren.
Die Anforderung an einen Lösungsansatz umfasst ein effektives Verfahren für den Schutz vor Fälschungen von Produkten und Prüfbescheinigungen und im Optimalfall eine Nachverfolgbarkeit der Produkte, sodass Fälschungen lokalisiert werden können. Eine Intelligente Lösung für eine transparente Supply Chain mit fälschungssicheren Prüfbescheinigungen liefert die ETIV-System GmbH aus Köln. Diese bietet ein End-to-End Verifikationssystem für Prüfbescheinigungen über eine webbasierte Plattform an, die ohne IT-Aufwand von Herstellern und Nutzern angewandt werden kann. Die originalen Prüfbescheinigungen werden im System hinterlegt und automatisiert ausgelesen. Diese Daten werden in das ETIV-System Zertifikat (digitale Prüfbescheinigung) übertragen. Das originale Zertifikat ist nun mit dem neuen, digitalen Zertifikat von ETIV-System verknüpft und nicht manipulierbar. Die Prüfbescheinigungen werden durch ETIV-System bei jeder Transaktion weitergereicht und mit aktuellen Daten wie (z.B. aktueller Cuthistorie) versehen. Bei jeder Transaktion wird das bis dahin bestehende, digitale Zertifikat ungültig und zwei neue, individuelle digitale Zertifikate für Verkäufer und Käufer erstellt. Der Käufer erhält ein Zertifikat über die von ihm erworbene Menge und der Verkäufer erhält ein Zertifikat mit seinem eigenen Restbestand. Die angegeben Mengen entlang der Verkaufskette überschreiten bei Addition niemals mehr als die Menge des originalen Zertifikats des Herstellers. Der Schutz der Prüfbescheinigungen vor Manipulation und Missbrauch kann eine engere Kundenbindung durch die Garantie von Qualität, Service und guter Lieferfähigkeit ermöglichen. Zudem kann die Verwendung dieses sicheren Verfahrens zu einem Marktwachstum durch die Realisierung von Umsatzpotenzialen führen.
Literatur:
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO 2019): Durch Fälschungen entgehen 11 bedeutenden Branchen in der EU jährlich Einnahmen von bis zu 60 Mrd. EUR, 6. Juni 2019, verfügbar unter: https://euipo.europa.eu/tunnel-web/secure/webdav/guest/document_library/observatory/documents/reports/2019_Status_Report_on_IPR_infringement/2019_Status_Report_on_IPR_infringement_pr_germany.pdf (abgerufen am 20.04.2020)
European Commission – European anti-fraud office (European Commission 2020): Seizure of counterfeit steel pipes in the United Arab Emirates – 24 June 2018, verfügbar unter: https://ec.europa.eu/anti-fraud/media-corner/multimedia-library/photos/12-07-2018_en (abgerufen am 20.04.2020)
H. Butting GmbH & Co. KG (BUTTING2020): Counterfeit is a fraud, verfügbar unter: https://fight-fake.org/materials/17 (abgerufen am 20.04.2020)
Steel alliance against counterfeiting (SAAC 2020a): Fake products – Issue of reputation, verfügbar unter: https://fight-fake.org/safety/5 (abgerufen am 20.04.2020)
Steel alliance against counterfeiting (SAAC 2020b): Major seizure of counterfeit steel pipes in the UAE, verfügbar unter: https://fight-fake.org/news/15 (abgerufen am 20.04.2020)