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Nationale und internationale Supply Chains haben mit den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen, da viele von ihnen aufgrund der Corona-Krise unterbrochen sind, die Produktion aufgrund von Arbeitsausfällen reduziert werden musste oder sich die Marktgegebenheiten stark geändert haben (Sachverständigenrat, 2020; Gemeinschaftsdiagnose, 2020; Bofinger et al., 2020; ifo Institut, 2020). Besonders betroffen von den Supply-Chain Problematiken sind Industrien wie die Stahlindustrie, die sich bereits vor der Corona-Krise in Schwierigkeiten befanden (Kevin Knitterscheidt, 2019; RWI, 2020). Für die Industrie stellt sich die Frage, wie sie die kurz- und langfristigen Probleme der Krise mildert und gleichzeitig ihre Resilienz für zukünftige Krisen stärken kann – vor allem da ein erneuter Ausbruch des Corona-Virus nicht ausgeschlossen ist (Renwick, 2020). Die Stahlindustrie stellt eine Grundstoffindustrie dar (RWI, 2011; Wirtschaftsvereinigung Stahl, 2020), die zudem als systemrelevant in Deutschland gesehen wird (Saarländischer Rundfunk, 2019). So entfallen im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland zwei von drei Arbeitsplätzen auf die stahlintensiven Branchen wie die Automobilindustrie oder dem Maschinenbau. Jeder Euro zusätzliche Wertschöpfung in der Stahlindustrie generiert laut volkswirtschaftlichen Studien zwei Euro Wertschöpfung in den vorgelagerten Branchen. Zusätzlich sichert ein Arbeitsplatz in der Stahlindustrie fünf bis sechs Arbeitsplätze in diversen Zulieferindustrien (Wirtschaftsvereinigung Stahl, 2020). Aus diesen Gründen ist es besonders wichtig, dass die Stahlindustrie ihre Resilienz stärkt – also ihre Fähigkeit verbessert, Krisen bewältigen zu können und sich im Rahmen von Krisen weiterzuentwickeln.

  • Um der Stahlindustrie und weiteren Industrien Ideen zu geben, wie diese sich aktuell und zukünftig ausrichten sollen, untersucht dieser Artikel die Frage, was Industrien tun können, um ihre Resilienz zu stärken.
  • Aus der Lektüre dieses Artikels werden Sie Folgendes mitnehmen:
    Internationale Abhängigkeiten sind ein großes Problem für die Stahlindustrie, aber eine starke De-Globalisierung ist wahrscheinlich auch keine Lösung.
  • Diversifizierung der Produktion und von Produktionsabläufen kann die Resilienz einer Supply Chain stärken.
  • Die Politik könnte helfen, Supply Chains resilienter zu gestalten.
  • Die Digitalisierung ist ein sehr effektiver und notwendiger Schritt, um die Resilienz von Supply Chains zu erhöhen.

 

Diversifizierung und Rückverlagerungen sind Optionen für Unternehmen die Resilienz ihrer Supply Chains zu stärken. Eine Diversifizierungsstrategie zielt darauf ab, Vorerzeugnisse von unterschiedlichen Lieferanten aus verschiedenen Beschaffungsregionen zu beziehen, um internationale Abhängigkeiten zu reduzieren und sich nicht nur von einer Quelle abhängig zu machen (Krokowski, 2020). Die Suche nach und die Unterhaltung von verschiedenen unabhängigen Quellen ist zwar in der Regel teurer als Ware nur aus einer Quelle zu beziehen, aber bei Unterbrechungen von Lieferketten wie in der Corona-Krise, profitieren breiter aufgestellte Unternehmen davon (DVZ, 2020; Linton and Vakil, 2020). Außerdem könnten die höheren Kosten häufig durch entsprechende Allokation der Geschäftsbeziehungen ausgeglichen werden (Linton and Vakil, 2020). Weitere Möglichkeiten der Diversifizierung sind mehr Eigenfertigung zu betreiben sowie sich nach Materialalternativen umzuschauen. Außerdem könnte die Just-in Time Produktion nicht mehr als einzige Produktionsalternative und Lagerbestände als totes Kapital gesehen werden (Vochazer and Büttner, 2020; Beschaffung aktuell, 2020), denn Lagerbestände könnten bei Unterbrechungen von Lieferketten Lieferengpässe überbrücken. Auch die Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland oder Europa ist eine strategische Option für deutsche Unternehmen, um die Supply Chains zu verkürzen (Sachverständigenrat, 2020). Doch eine De-Globalisierung von Supply Chains könnte langfristig auch viele Nachteile haben. Beispielsweise könnten hohe oder höhere Zölle aufgrund einer De-Globalisierung eingeführt werden (Hillebrand, 2010). Das kann hohe Kosten für deutsche Industrien bedeuten, da viele von ihnen von Rohstoffimporten abhängig sind (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2020).

Auch die Politik kann die Resilienz von Supply Chains stärken, indem sie klare Regelungen hinsichtlich des internationalen Handels schafft. Zum Beispiel könnte eine schnelle Einigung zwischen der EU und Großbritannien hinsichtlich ihrer Handelsbeziehung Klarheit schaffen. Klare Regelungen würden der Industrie verbesserte Planungssicherheit geben, was besonders in bereits sehr unsicheren Zeiten, wie der Corona-Krise, wichtig ist. Dabei könnte darauf geachtet werden, Handelsbarrieren eher ab- als aufzubauen. Zu starker nationaler Protektionismus hingegen, z.B. zwischen der EU und den USA, könnte die Unsicherheit im Handel verstärken (Sachverständigenrat, 2020). Auch für den Fall, dass Unternehmen ihre Produktion auf die nationale Ebene zurückverlagern, sind internationale Handelsbeziehungen, vor allem aufgrund des Imports/Exports von Konsumgütern wichtig.
Eine effektive und kurzfristig umsetzbare Strategie, um die Resilienz von Supply Chains in der aktuellen und in zukünftigen Krisen zu stärken, ist die Digitalisierung. Die Digitalisierung ist in Branchen wie der Stahlindustrie noch nicht sehr weit fortgeschritten (Fraunhofer-Institut, 2019). Ein höherer Grad der Digitalisierung kann Produktionsausfälle aufgrund von Infektionsgefahr oder Krankschreibungen verringern. Digitalisierung bedeutet unter anderem, dass Maschinen, Fahrzeuge oder andere Teile der Produktion sich autonom, d.h. ohne (direkte) menschliche Hilfe steuern lassen, und dass Produktionsprozesse aus der Entfernung über Smartphones kontrolliert werden können (Grebe, 2017). Die Verwendung solcher Technologien kann die Notwendigkeit des direkten menschlichen Kontakts stark reduzieren. Der Einsatz von modernen Kommunikationstechnologien, beispielsweise von Plattformen für Videokonferenzen, erlaubt eine effektive, kontaktlose Kommunikation sowohl intern als auch extern (Forbes, 2017). Im Falle erneuter Infektionswellen durch das Corona-Virus müssten Betriebe mit einem hohen Digitalisierungsgrad nicht notwendigerweise ihre Produktion aussetzen, da diese zum Großteil kontaktlos gesteuert werden kann.
Die Digitalisierung stärkt die Resilienz von Supply Chains auch aufgrund erhöhter Transparenz. Durch die Digitalisierung können interne und externe Daten erfasst werden, was die Transparenz von Produktionsabläufen sowie Angebots- und Nachfrageverhalten in Supply Chains verbessert. Durch die erhöhte Transparenz könnten Probleme in Produktionsabläufen und Störungen in Supply Chains schnell erkannt werden sowie auf ein verändertes Nachfrageverhalten reagiert werden, indem zum Beispiel vorhandene Substitute angeboten werden oder notwendiges Inventar gekauft wird (Linton and Vakil, 2020). Die erhöhte Transparenz erleichtert auch die Umstellung auf neu strukturierte Supply Chains als Folge einer Pandemie. Alternative Lieferwege und Lieferanten könnten einfacher erkannt werden und die Qualitätskontrolle der neuartigen Lieferbeziehungen wird durch eine erhöhte Transparenz vereinfacht, was Zeit und Kosten spart.

Neben den Lieferbeziehungen können aufgrund der Möglichkeiten zur Datenanalyse durch die Digitalisierung auch neuartige Produktionsprozesse sowie Produkte frühzeitig und effektiv auf ihre Qualität überprüft sowie entsprechend angepasst werden. Dadurch können die Innovationsfähigkeit von Unternehmen gesteigert und Entwicklungszyklen verkürzt werden (IW Consult GmbH et al., 2017). Gerade in Zeiten der Corona-Krise, durch die viele Lebens- und Arbeitsbereiche sehr einschneidend und dynamisch verändert werden, sind Innovation und kurze Entwicklungszyklen wichtige Faktoren, um sich der Krise entgegenzustemmen und die Wettbewerbsfähigkeit von wichtigen Industrien wie der Stahlindustrie auch langfristig zu gewährleisten. Außerdem erlaubt es die erhöhte Transparenz nicht nur schnell, effektiv und flexibel auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren, sondern durch die gezieltere Nutzung von Skaleneffekten kosteneffizienter zu produzieren (BCG, 2015). Durch die verstärkte Datennutzung können außerdem Lagerbestände optimiert werden. Ein wichtiger Faktor, wenn Unternehmen in Zukunft wieder vermehrt auf erhöhte Lagerbestände anstatt auf Just-in-time Produktion setzen sollten.

Die obigen Ausführungen zeigen, dass die Digitalisierung medizinisch bedingten wirtschaftlichen Problematiken wiederkehrender Infektionswelle entgegenwirken kann, indem sie interne Betriebsabläufe schützt und damit negative Auswirkungen auf die ganze Supply Chain mildert. Gleichzeitig erlaubt ein höherer Digitalisierungsgrad eine flexible und schnelle Reaktion auf veränderte Marktbedingungen wie eine Reduktion des Angebots oder ein stark verändertes Nachfrageverhalten. Zusätzlich kann die Digitalisierung die Unternehmen dabei unterstützen, die Qualität veränderter Strukturen hinsichtlich Lieferwegen oder Produktionsabläufen zu überprüfen.

Zusammenfassend kann die Resilienz von Supply Chains durch Diversifizierung, Rückverlagerung der Produktion, entsprechende politische Rahmenbedingungen sowie vor allem durch einen erhöhten Grad an Digitalisierung gestärkt werden. Diese Faktoren können helfen, sowohl den kurzfristigen Problemen in der Corona-Krise entgegenzuwirken als auch langfristig die Resilienz der Supply Chains und der Unternehmen zu sichern. Besonders für Grundstoffindustrien wie Stahl ist es wichtig, ihre Resilienz zu erhöhen, sodass auch sie auch bei schwerwiegenden Krisen aufrechterhalten werden können. Aus diesem Grund sollte die Stahlindustrie schnell handeln und könnte die vorhandenen Möglichkeiten, beispielsweise Möglichkeiten zur Digitalisierung, nutzen. Ebenso sollte die Politik die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, um die Resilienz der Stahlindustrie zu fördern und damit Millionen von Arbeitsplätzen sichern sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie und mit ihren verflochtenen Industrien zu gewährleisten.

 

 

Literatur:

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National and international supply chains are struggling with the consequences of the Corona crisis, as many of them have been interrupted due to the Corona crisis, production has had to be reduced due to work stoppages or market conditions have changed significantly (ifo Institut, 2020; Sachverständigenrat, 2020; Gemeinschaftsdiagnose, 2020; Bofinger et al., 2020). Industries such as the steel industry, which were already in difficulties before the Corona crisis, are particularly affected by supply chain problems (Kevin Knitterscheidt, 2019; RWI, 2020). The question for industry is how it can mitigate the short and long-term problems of the crisis and at the same time strengthen its resilience to future crises – especially since another outbreak of the Corona virus cannot be ruled out (Renwick, 2020). The steel industry is a basic industry (RWI, 2011; Wirtschaftsvereinigung Stahl, 2020), which is also seen as systemically relevant in Germany (Saarländischer Rundfunk, 2019). In the manufacturing sector in Germany, two out of three jobs are in steel-intensive industries such as the automotive industry or mechanical engineering. According to economic studies, every euro of additional value added in the steel industry generates two euros of value added in upstream sectors. In addition, one job in the steel industry secures five to six jobs in various supplier industries (Wirtschaftsvereinigung Stahl, 2020). For these reasons, it is particularly important that the steel industry strengthens its resilience – i.e. improves its ability to cope with crises and to develop further within the framework of crises.

In order to give the steel industry and other industries ideas on how they should align themselves now and in the future, this article examines what industries can do to strengthen their resilience.

From reading this article you will take the following with you:

  • International dependencies are a major problem for the steel industry, but strong de-globalisation is probably not the solution either.
  • Diversification of production and production processes can strengthen the resilience of a supply chains.
  • Politics could help to make supply chains more resilient.
  • Digitization is a very effective and necessary step to increase the resilience of supply chains.

Diversification and relocation are options for companies to strengthen the resilience of their supply chains. A diversification strategy aims at sourcing primary products from different suppliers in different procurement regions in order to reduce international dependencies and not to become dependent on only one source (Krokowski, 2020). Although it is generally more expensive to find and maintain different independent sources than to purchase goods from only one source, broader-based companies benefit from this when supply chains are interrupted, as in the Corona crisis (DVZ, 2020; Linton and Vakil, 2020). In addition, the higher costs could often be offset by a corresponding allocation of business relations (Linton and Vakil, 2020). Other possibilities for diversification include more in-house production and the search for alternative materials. Moreover, just-in-time production could no longer be seen as the only production alternative and inventories could no longer be seen as dead capital (Vochazer and Büttner, 2020; Beschaffung aktuell, 2020), because inventories could bridge supply bottlenecks in the event of supply chain interruptions. Relocating production back to Germany or Europe is also a strategic option for German companies to shorten supply chains (Sachverständigenrat, 2020). But a de-globalization of supply chains could also have many disadvantages in the long term. For example, high or higher tariffs could be introduced as a result of de-globalisation (Hillebrand, 2010). This could mean high costs for German industries, as many of them are dependent on raw material imports (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2020).

Politics can also strengthen the resilience of supply chains by creating clear regulations regarding international trade. For example, a rapid agreement between the EU and the UK on their trade relationship could provide clarity. Clear regulations would give the industry improved planning security, which is particularly important in already very uncertain times such as the Corona crisis. Care could be taken to reduce rather than increase trade barriers. Excessive national protectionism, on the other hand, e.g. between the EU and the US, could increase trade uncertainty (Sachverständigenrat, 2020). International trade relations are also important in the event that companies relocate their production back to the national level, especially because of the import/export of consumer goods.
An effective strategy that can be implemented in the short term to strengthen the resilience of supply chains in the current and future crises is digitization. Digitization is not yet very far advanced in sectors such as the steel industry (Fraunhofer-Institut, 2019). A higher degree of digitization can reduce production losses due to the risk of infection or sick leave. Among other things, digitization means that machines, vehicles or other parts of production can be controlled autonomously, i.e. without (direct) human input, and that production processes can be controlled remotely via smartphones (Grebe, 2017). The use of such technologies can greatly reduce the need for direct human contact. The use of modern communication technologies, such as platforms for video conferencing, allows effective, contactless communication both internally and externally (Forbes, 2017). In the event of renewed waves of infection by the Corona virus, companies with a high degree of digitization would not necessarily have to suspend production, since most of this can be controlled contactlessly.

Digitization also strengthens the resilience of supply chains due to increased transparency. Digitization allows internal and external data to be recorded, which improves the transparency of production processes and supply and demand behavior in supply chains. Increased transparency would enable problems in production processes and disruptions in supply chains to be identified quickly and to react to changes in demand behaviour by, for example, offering existing substitutes or purchasing necessary inventory (Linton and Vakil, 2020). The increased transparency also facilitates the transition to restructured supply chains in the wake of a pandemic. Alternative supply routes and suppliers could be identified more easily and the quality control of the new types of supply relationships would be simplified through increased transparency, saving time and costs.

In addition to supplier relationships, the possibilities for data analysis offered by digitization also enable new types of production processes and products to be checked for quality at an early stage and effectively adapted accordingly. This can increase the innovative ability of companies and shorten development cycles (IW Consult GmbH et al., 2017). Especially in times of the Corona crisis, which is changing many areas of life and work in a very drastic and dynamic way, innovation and short development cycles are important factors to counteract the crisis and ensure the competitiveness of important industries such as the steel industry in the long term. In addition, increased transparency not only allows to react quickly, effectively and flexibly to changing market conditions, but also to produce more cost-efficiently through the more targeted use of economies of scale (BCG, 2015). The increased use of data also enables inventories to be optimized. This is an important factor if companies are to increasingly rely on increased inventories instead of just-in-time production in the future.

The above explanations show that digitization can counteract medically induced economic problems of recurring waves of infection by protecting internal operating processes and thus mitigating negative effects on the entire supply chain. At the same time, a higher degree of digitization allows a flexible and quick response to changing market conditions such as a reduction in supply or a significant change in demand behavior. In addition, digitization can support companies in checking the quality of changed structures in terms of delivery channels or production processes.

In summary, the resilience of supply chains can be strengthened by diversification, relocation of production, appropriate political framework conditions and especially an increased degree of digitization. These factors can help both to counteract the short-term problems in the C crisis and to ensure the long-term resilience of supply chains and companies. It is particularly important for basic industries such as steel to increase their resilience so that they too can be maintained in the event of serious crises. For this reason, the steel industry should act quickly and could make use of the existing opportunities, for example opportunities for digitization. In the same way, policy-makers should take the appropriate measures to promote the resilience of the steel industry, thereby safeguarding millions of jobs and ensuring the competitiveness of the steel industry and its interdependent industries.

 

 

References:

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