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Für die Stahlindustrie gibt es viele dringende Fragen hinsichtlich ihrer Ausrichtung in Bezug auf die Corona-Krise zu klären. In einem aktuellen Sondergutachten bezeichnen die Wirtschaftsweisen schnelle Fortschritte in der Digitalisierung für Unternehmen aufgrund der Corona-Krise als „unabdinglich“ (Sachverständigenrat, 2020). Doch können Digitalisierungsmaßnahmen der Stahlindustrie bei der Krisenbewältigung helfen? Aus der Lektüre dieses Artikels werden Sie mitnehmen, dass die Digitalisierung wesentlich zur Resilienz der Stahlbranche und ihrer Lieferketten beiträgt – auch für kommende Krisen.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Digitalisierung im Bereich Metall- und Stahlhandel nur zu einem geringeren Grad vorhanden. In einer Befragung gaben über die Hälfte von Unternehmen aus dem Metall- und Stahlhandel an, dass der Automatisierungsgrad in ihrem Unternehmen unter 25 Prozent liegt (Fraunhofer-Institut, 2019). Eine fortgeschrittene Digitalisierung der Stahlindustrie würde die Digitalisierung verschiedener Produktionsprozesse in der Supply Chain bedeuten (Grebe, 2017; Fraunhofer-Institut, 2019).

Die Digitalisierung der Supply Chain kann Problematiken der Corona-Krise entgegenwirken. Ein aktuell großes Problem ist, dass die Gefahr besteht, dass die Produktion in Werken aufgrund der Infektionsgefahr temporär eingestellt werden muss (MBI Stahl Monitor, 2020). Der Einsatz von Maschinen, die sich weitgehend autonom steuern, könnte diesem Problem entgegenwirken. Wenn Maschinen und ihre Teile sich weitgehend selbst steuern, in dem sie zum Beispiel Produktionsteile zu Produktionsanlagen bringen, und Produktionsprozesse aus der Entfernung über Smartphones kontrolliert werden können (Grebe, 2017), dann können direkte Kontakte stark reduziert werden, aber trotzdem die Produktion aufrechterhalten bleiben. Ebenso erlaubt es der Einsatz moderner Kommunikationstechnologien wie z.B. Plattformen für Videokonferenzen, den Kontakt intern sowie extern kontaktlos, aber dennoch effektiv zu gestalten (Forbes, 2017).

Verbesserte Steuerungs- und Planungsfähigkeiten, die von der Industrie als wichtigste qualitative Vorteile der Digitalisierung gesehen werden (PWC, 2014), sind während und auch nach der Corona-Krise ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Die Digitalisierung schafft die Möglichkeit zur externen Datenerfassung und damit eine verbesserte Transparenz von Produktionsabläufen in der Supply Chain sowie des Nachfrageverhaltens. Die gesammelten Daten können einen Aufschluss darüber geben, wie die Stahlproduktion effizient und flexibel angepasst werden kann. Das kann ein Vorteil während einer Pandemie und damit einhergehender Nachfrageschocks sein (Harvard Business Review, 2020). Es kann auch ein Vorteil nach der Corona-Krise sein, da somit auf die entsprechenden Nachfrageänderungen schnell reagiert und durch die gezieltere Nutzung von Skaleneffekten kosteneffizienter produziert werden kann. Zusätzlich lassen sich durch die Datennutzung Lagerbestände optimieren und dadurch hohe Lagerkosten vermeiden. Des Weiteren könnte das Wissen über eine gesicherte Produktion das Vertrauen von Kundenseite erhöhen. Kunden könnten dann auch in Krisenzeiten Bestellungen tätigen, ohne befürchten zu müssen, dass die benötigten Waren nicht bereitgestellt werden.

Transparenz in der Supply Chain kann die Aufrechterhaltung der Stahlindustrie während einer Pandemie erleichtern. Internationale Supply Chains sind durch die Corona-Krise unterbrochen (Sachverständigenrat, 2020). Wenn kurz- oder langfristig internationale Supply Chains unterbrochen werden, dann sollte dafür gesorgt werden, dass die Supply Chains in einem weniger internationalen Rahmen aufrechterhalten wird. Das gilt besonders für die Stahlindustrie als Grundstoffindustrie (RWI, 2011). Genaue Daten über verschiedene Produktionsprozesse können dabei eine große Hilfe sein, um die Supply Chain entsprechend anzupassen, aber auch um schnell auf Probleme zu reagieren, wenn neue Prozesse (noch) nicht reibungslos verlaufen. Unternehmen mit einer solchen erhöhten Transparenz könnten in kurzer Zeit auf Störungen reagieren und Gegenmaßnahmen einleiten. Dies kann mit einem geringeren Grad der Transparenz ein längerer Prozess sein (Harvard Business Review, 2020). Das kann in kritischen Zeiten sehr problematisch sein, da die industrielle Supply Chain so aufgrund von internen Problemen die Unterbrechung einer internationalen Supply Chain womöglich nicht ausreichend kompensieren kann.

Es wird deutlich, dass die Digitalisierung verschiedener Prozesse in der Industrie die Flexibilität der Stahlproduktion erhöhen sowie Risiken reduzieren kann. Dadurch kann auch die Resilienz der Stahlindustrie und das Vertrauen in die Stahlindustrie im Falle zukünftiger Krisen erhöht werden. Gleichzeitig kann die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie im globalen Markt gestärkt werden.

Literatur:

  • Forbes (2017), “THE CONNECTED CULTURE: Unleashing the Power of Video in Everyday Collaboration”.
  • Fraunhofer-Institut (2019), “Digitalisierung im Branchenfokus Stahl- und Metallhandel”.
  • Grebe, L. (2017), “Digitalisierung im Stahlgeschäft – ein Überblick”.
  • Harvard Business Review (2020), “Coronavirus Is Proving We Need More Resilient Supply Chains”, available at: https://hbr.org/2020/03/coronavirus-is-proving-that-we-need-more-resilient-supply-chains (accessed 8 April 2020).
  • MBI Stahl Monitor (2020), “Deutscher Feinblechmarkt-Belieferung steht im Fokus”, 20 March.
  • PWC (2014), “Industrie 4.0 Industrie 4.0 Chancen und Herausforderungen”.
  • RWI (2011), “Die volkswirtschaftliche Bedeutung einer Grundstoffindustrie am Beispiel der Stahlindustrie”.
  • Sachverständigenrat (2020), “Die Gesamtwirtschaftliche Lage angesichts der Corona-Pandemie”.